Seit dem wegweisenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Jahr 2019 ist die Arbeitszeiterfassung ein zentrales Thema in deutschen Unternehmen und spätestens seit dem BAG-Urteil 2022 nicht mehr von deren Agenda wegzudenken. Bislang gab es jedoch nur Gerichtsurteile und ein schwammiges Gesetz – also noch keine Gesetzesänderung. 2024 soll es konkreter werden. Diese Entwicklung erfordert eine genaue Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie praktische Umsetzungsmöglichkeiten.

Definition und Bedeutung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

Arbeitszeiterfassung bedeutet, dass Unternehmen die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden systematisch messen, aufzeichnen und dokumentieren. Diese Erfassung ermöglicht eine genaue Kontrolle und Nachverfolgung der geleisteten Arbeitsstunden sowie der Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften. Grundsätzlich müssen laut dem Arbeitszeitgesetz bestimmte Regelungen bei der Erfassung der Arbeitszeit eingehalten werden. Dazu gehören:

  • Die werktägliche Arbeitszeit beträgt regulär acht Stunden, wobei in Ausnahmefällen eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden möglich ist.
  • Es muss eine Ruhepause von mindestens 11 Stunden zwischen den täglichen Arbeitszeiten eingehalten werden.
  • Nach einer sechsstündigen Arbeit ist eine Pause von mindestens 30 Minuten vorgeschrieben. Nach einer neunstündigen Tätigkeit muss die Pause mindestens 45 Minuten betragen.

Diese Regelungen dienen dazu, die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmenden zu gewährleisten und Überlastungen zu vermeiden. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung trägt somit nicht nur zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben bei, sondern auch zum Schutz der Arbeitnehmenden.

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung EuGH-Urteil

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Gesetzliche Entwicklungen

Die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung wurde durch das EuGH-Urteil von 2019 eingeführt. Dieses wegweisende Urteil legte fest, dass alle Arbeitsstunden erfasst werden müssen. Dabei betonte der Europäische Gerichtshof zwei wichtige Punkte:

  1. Das System zur Arbeitszeiterfassung muss objektiv, verlässlich und zugänglich sein.
  2. Die detaillierte Umsetzung den Mitgliedstaaten obliegt , wodurch nationale Besonderheiten berücksichtigt werden können.

Das BAG-Urteil von 2022 bestätigte diese Entscheidung und forderte Arbeitgeber dazu auf, geeignete Systeme zur Arbeitszeiterfassung bereitzustellen. Es war ein weiterer Schritt in Richtung einer klareren und konkreteren Regelung der Arbeitszeiterfassung in Deutschland.

Im April 2023 präsentierte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Referentenentwurf für das neue Arbeitszeitgesetz, der eine bedeutende Weiterentwicklung darstellt. Dieser Entwurf sieht vor, dass die Arbeitszeiten in elektronischer Form erfasst und für mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden müssen. Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden können jedoch weiterhin nicht-elektronische Methoden nutzen, um die Arbeitszeiten zu erfassen.

Die relevantesten Eckpunkte dieses Gesetzesentwurfs umschließen die Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie die Verpflichtung zur elektronischen Erfassung. Zudem müssen Arbeitgeber die Daten für mindestens zwei Jahre aufbewahren und auf Verlangen der Aufsichtsbehörde vorlegen. Dieser Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zielt darauf ab, Rechtssicherheit in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung zu schaffen und wird derzeit regierungsintern beraten.

Die Umsetzung und Auswirkungen des neuen Gesetzes

Die Einführung des Referentenentwurfs zielt darauf ab, die Kontrolle über die gesetzlich festgelegten Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten zu erleichtern. Durch eine präzise Erfassung der Arbeitszeiten wird eine transparentere und gerechtere Arbeitsumgebung geschaffen, in der Arbeitnehmende ihre Arbeitsstunden genau nachverfolgen können. Dies kann dazu beitragen, Überstunden zu reduzieren und eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen.

Der Entwurf sieht grundsätzlich eine vollständige elektronische Arbeitszeiterfassung vor, wobei kleine Betriebe vorerst noch nicht-elektronische Methoden nutzen können. Ausnahmen können nur durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen vereinbart werden.

Die Vertrauensarbeitszeit bleibt laut dem Entwurf weiterhin möglich, wobei die Verantwortung für die Arbeitszeitaufzeichnung auf den Arbeitnehmende übertragen werden kann.

Dennoch ist der Arbeitgeber verpflichtet, "geeignete Maßnahmen" zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, ohne jedoch genaue Methoden vorzuschreiben. Trotz dieser Maßnahmen bleiben einige Fragen offen, wie etwa die genaue Definition der Vertrauensarbeitszeit und die Art und Weise der Überprüfung der Einhaltung der Höchstarbeitszeiten.

Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Oppositionsantrag gestellt, der eine weniger bürokratische Umsetzung und mehr Flexibilität fordert. Bislang kam es jedoch noch zu keiner Gesetzesänderung und wir dürfen gespannt sein, was uns diesbezüglich 2024 erwartet. Zur unkomplizierten Umsetzung des Gesetzes besteht für Unternehmen die Möglichkeit, auf entsprechende Softwarelösungen zurückzugreifen. 

Written by: Isabelle Fassin
International Field Marketeer